Eine Legende erwacht zum Leben!
Barbados A.D. 1648
Sirena Rum
Die Vorgeschichte:
Der Streit der europäischen Kolonialmächte um die Vorherrschaft in der Karibik war seit der Entdeckung der "westindischen Inseln" im Jahre A.D. 1492 durch Christoph Kolumbus noch immer ungebrochen!
Anfang des 17. Jh. gierten die adligen Höfe Europas nach etwas Neuartigem - dem Zucker!
Es war also sicher kein Zufall, dass auf der britischen Kolonie Barbados schon sehr bald unzählige Zuckerrohr-Plantagen aus dem tropisch fruchtbaren Boden schossen!
Das süsse Gold brachte den Besitzern gewiss viel Reichtum, doch in ihrer Gier haderten sie über eine Sache:
Bei bei der Produktion von 2kg handelbaren Zuckers fiel 1kg unbrauchbare klebrige Masse an!
Bis heute ist nicht zufriedenstellend geklärt, wie aus diesem Abfall-Produkt köstlicher Rum wurde!
Hier gerät ein sagenumwobenes, mystisches Ereignis in den Fokus!
Die Mystische Rettung!
Barbados A.D. 1648
An jenem schwülheissen Tage lag das imposante Handelsschiff der Royal Navy vollgeladen mit Rohrzucker für Europa in einer Bucht vor Babados. Die Seeleute erledigten gerade die letzten Dinge für die Abfahrt.
Plötzlich tauchte ein Piraten-Schiff auf und steuerte direkt auf sie zu!
Von Piraten überfallen zu werden, war zu jener Zeit noch selten, dementsprechend waren die britischen Handelsschiffe noch wenig bewaffnet. Zu allem Übel, waren die Matrosen zahlenmässig unterlegen, hielten aber zu Anfangs mutig dagegen! Schnell erkannte ihr Kapitän die aussichtslose Situation und entschied sich zur Aufgabe. Besser am Leben bleiben, dachte er - man konnte ja schliesslich nochmals Zuckerrohr laden -, wohlwissend dem kommenden Ärger mit seinen Vorgesetzten ...
Die Piraten stahlen auch letzte Stück Zuckerrohr - und es hätte alles so Gut sein können!
Siegestrunken von ihrer Beute - und dem vorangegangenen Konsum eines Weines, der Aufgrund des heissen karibischen Klimas schon so gut wie verdorben war - begann der Piraten-Anführer spanischen Herkunft mit seiner Hass-Tirade! Er bezichtigte die Seeleute samt British Empire als Diebe, die Kraft ihrer Gesetze die Kolonien ausbeutete und sie selbst, durch Kraft ihres Mutes, einfach einen Teil davon wieder zurückholten, weil diese Gesetze unrecht seien - daran ändere auch ein königliches Siegel nichts!
Er selber wüsse ganz genau, wovon er rede, denn auch sie, die Piraten, würden so lange "Freibeuter der Meere" genannt werden, also keine elenden Piraten, so lange sie einen sogenannten "Kaperbrief" des spanischen Königs besitzen würden - der ihnen offiziell erlaube, straffrei Handelsschiffe der Royal Navy um ihre Ladung zu erleichtern! Ein und die selbe Tat; ein und die selben Beteiligten: mit Kaperbrief = legale Freibeuter! Ohne = verbrecherische Piraten! Ganz egal ob Briten, Spanier, Franzosen ... in diesen Tagen handelten alle Seemächte - im Wettstreit um Kolonien und Macht - gegeneinander nach diesem Credo!
Und ist es mit euren "Sklavengesetzen" nicht genau das Selbe! Unrecht wird zu Recht gemacht! Schelmisch grinsend fügte er dem Gesagten noch hinzu, dass sie also nicht wirklich stehlen würden, denn sie handelten ja schliesslich auch nach Gesetzen; und zwar ihren eigenen! Und hier seht ihr unser Siegel! Er zeigte mit seinem Säbel auf die Flagge mit dem Totenschädel , die ganz oben am höchsten Mast wehte...
Dann liess er die bunte Meute abstimmen, die Seeleute über Bord zu werfen - das Ufer sei ja nicht weit!
Das jeder die Hand hob, war keine Überraschung. Der folgende Befehl wurde gnadenlos umgesetzt. Die Piraten schauten dem makabren Schauspiel noch eine Weile zu, dann machten sie sich auf und davon.
Ihrem Schicksal überlassen, hatten die Matrosen etwa ein Drittel der doch beachtlichen Strecke zurückgelegt - und obwohl sie kräftige gute Schwimmer waren, hatte die deutliche Mehrheit nach etwa halber Strecke immer mehr Mühe sich über Wasser zu halten - darunter auch ihr Kapitän, der sich mit letzter Kraft noch fragte, ob der Piraten-Anführer nicht irgendwie vielleicht doch Recht hatte! Dann versank auch er... und das Schicksal nahm seinen Lauf ...
Dem Leben fast entrückt, begann das Wasser um die Männer plötzlich an zu schimmern!
Seltsame Wesen tauchten auf - halb Fisch, halb Frau - mit bildschönem, mystischen Antlitz ...
Sirenen! Es gibt sie also doch, fuhr es dem apathisch gewordenen Kapitän bis ins Mark! Die Angst der Männer wurde vom Überlebenskampf unterdrückt - für klare Gedanken war ohnehin keine Zeit! Die Sirenen umschwammen sie - erfüllten die kraftlosen Männer wie magisch mit neuer Lebensenergie und mit Sauerstoff, den Sie ihnen Mund-zu-Mund zuführten.
Neue Lebensenergie durchströmte die Leiber der Matrosen - Lebensrettend und Sinnlich zugleich!
Vom erotischen Zauber vollends erfasst, und beinahe ohne eigenes zutun, tauchten die Matrosen geradewegs vor ihrem Schiff wieder auf - so als wäre rein gar nichts gewesen!
Zurück auf dem Schiff, starrten die Männer noch immer wie gebannt auf die herumschwimmenden Sirenen - aber dann verschwanden sie, so plötzlich, wie sie erschienen waren! Die Stimmung der vollständigen Crew blieb eine Mischung aus Fassungslosigkeit und Glücksgefühl zugleich! Der Kapitän machte seine Eintragungen ins Bordbuch - eine Passage liess er aus - und gab dann die Order, die Beiboote zu Wasser zu lassen, um erneut Zuckerrohr zu laden - denn irgendwie musste das Leben ja weitergehen!
Was der Kapitän ihnen jedoch vorenthielt, war der kleine Gegenstand, der ihm eine Sirene übergab!
Er versteckte ihn in seiner Kajüte - und erst später, am Abend, holte er ihn vorsichtig aus der Holzkommode. Die Crew sass derweil noch Zusammen - mit Speis, viel Wein und Gesang -, um den Geschehnissen des Tages feierlich Tribut zu zollen - und, um das erste Seemannsgarn zu spinnen - doch dieses Mal war es die pure Wahrheit! Aber würde Ihnen das schon jemals Glauben . . .
Das seltsame Geschenk!
Der Kapitän betrachtete das mit einem zierlichen Korken verschlossene, runde Fläschchen. Dessen Inhalt war tiefdunkel - beinahe schwarz - und sehr zähfliessend. Schon sehr komisch, dacht er, es sah haargenau so aus wie dieser pechartig klebrige Rohrzuckersirup (heute Melasse genannt). Er wusste, das dieser bei der Zuckerproduktion in doch beträchtlicher Menge als unbrauchbares Nebenprodukt anfiel!
In sehnlicher Erinnerung an das bezaubernde "Frauenmischwesen" starrte er ratlos auf das Fläschchen!
Plötzlich veränderte sich die Farbe des Inhalts in ein reines, leicht schimmerndes Bernstein - und auf dem Glas zeichnete sich - in goldenen Lettern - ein wie von Geisteshand geschriebener Text ab . . .
Der Kapitän konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, während sich diese wundersame Verwandlung wiederholte. Wie ferngesteuert riss er ein Blatt aus dem Bordbuch und kritzelte los - Wort für Wort, doch in in panischen Angst, dass der Spuck zu früh vorbei sein könnte, verschrieb er sich mehrere Male, strich einiges wieder durch und schrieb die Worte kaum leserlich irgendwie daneben ... Dann, endlich war es geschafft!
Just in dem Moment, verblasste das Fläschchen wieder in den Urzustand!
Erleichtert nahm er einen kräftigen Schluck halbsauren Weins und lehnte sich zurück. Abwechselt starrte er auf das Papier und an die Decke. Kopfschüttelnd versuchte er zu begreifen, was da geschrieben stand!
Allmählich lichtete sich der Nebel im seinem Kopf - dann kam ihm eine Idee! Er öffnete ganz vorsichtig das Fläschen; hielt kurz inne, traute sich dann in Erinnerung an seine Retterin schliesslich doch und nippte daran.
Der zähfliessende schwarze Inhalt schmeckte genau nach dem, wonach er aussah: Rohrzucker-Melasse!
Ungläubig versuchte er noch mal - und das raubte ihm die Sinne!
Es war wie eine magisch sinnliche Offenbarung! Seine leuchtenden Augen richteten sich wieder auf den Inhalt - es hatte nun diese schimmernde Bernstein-Farbe! Dann wurde es wieder schwarz - und blieb es!
Der Kapitän versuchte sich zu Konzentrieren - und dann, als ihm endlich die Tragweite seiner Gedanken umfänglich klar wurde, zeichnete sich ein Lächeln auf seinen Lippen und er sagte ganz leise:
Ron Del Sirenas!
Er blieb noch eine ganz Weile so sitzen, nun gänzlich von der Gewissheit erfüllt, dass sein Leben - und das seiner Liebsten und Freunde - von nun an eine ganz andere Wendung nehmen würde, wenn er das Geschriebene haargenau so umsetzen würde!
Von einem kurzen Einnicken schreckte er auf - nicht, dass in sein 1. Offizier am Ende noch so vorfand!
Er und der Rest der Welt würden noch früh genug alles Nötige erfahren - und vor allem zu Genüge von dem sinnlichem Zauber-Trank der Sirenen kosten können!
Er versteckte das Blatt Papier und suchte seinen 1. Offizier auf; gab ihm letzte Anweisungen - am nächsten Tag ging es ja in aller herrgottsfrüh samt Ladung zurück nach England. Nach einem letzten gemeinsamen Anstossen mit dem schaurig saurem Wein, der als tägliche Ration die Seeleute bei Laune halten sollte, kam ihm der Gedanke, dass dass dieser schon sehr bald von dem sündhaft süffigen Getränk ersetzt werden würde und durch seine Magie sicher auch in wärmeren Gefilden haltbarer war, als Wein und Bier!
Von Glückgefühlen beseelt, ging er zu Bett, schloss die Augen und fiel bald in einen tiefen Schlaf, begleitet von der Hoffnung auf ein Wiedersehen, mit seiner mystischen Retterin - und wenn nicht im echten Leben, dann wenigstens in seinen Träumen!
· The End ·
Barbados A.D. 1648
Was der tapfere Kapitän zu diesem Zeitpunkt nur erahnen konnte: Er würde mit allem Recht behalten!
(Selbst das mit der Haltbarkeit in tropischen Gefilden!) Das neuartige Getränk wurde bereits zu seinen Lebzeiten zur lebenden Legende - und das nicht nur bei Seeleuten und Piraten!